27.11.2011

Hose runter - Die kochende Leidenschaft des Christoph Elbert

Côte de Boeuf (links) mit Christoph Elbert
Wir sind ganz entspannt und denken an: die Wedemark. Blühende Landschaft, nördlich der hannoverschen Stadtgrenze, beliebtes Refugium der besseren Kreise. Und die drehen sich nach Feierabend  am liebsten im Höpershof, ein aufs feinste restaurierter Landgasthof. Hier versinkt der geneigte Gast in ledernen Club-Sesseln und lauscht dem Knistern des Kamins. Auch die Teller verströmen Gemütlichkeit: man is(s)t im „Roastbeef mit Sauce-Remoulade und Bratkartoffeln“-Kosmos. Geadelt wird die „gutbürgerliche“ Speisung gerne mit roten Bordeaux. Der Patron ist Christoph Elbert. 

Sein Höpershof hat aus dem gelernten Koch Ende der 80er Jahre einen selbstständigen Wirt gemacht. Zuvor: Wanderjahre in Frankreich und Italien, dann der Liebe wegen nach Hannover. Hier zunächst Pâtissier - der Mann fürs Süße - in Schu‘s Restaurant, bald Chef im Gourmet‘s Buffet, dann in Heinrich Sterns Bistro Stern‘s Sternchen. Schließlich also das eigene Restaurant in der Wedemark und ein schöner  unternehmerischer Erfolg: die Wedemarker lieben ihr charmantes Hideaway.

Und Elbert selbst? Blickt 2007 versonnen auf die sich wiegenden Weizenfelder vor seinem Gehöft und sieht plötzlich keine Perspektive mehr. „Dieses Ambiente, diese Tischkultur, die Rituale ... - mir wurde klar, daß all das nur eine künstliche Distanz schafft zwischen dem Gastgeber und dem Gast...“, fühlt Elbert sich umringt von Langeweile, will stattdessen wieder Lust verspüren, sucht eine neue Herausforderung. Liegt es an der neuen Liebe Verena? Dank des bildhübschen Vollweibs wird Elbert nach 20 Jahren noch einmal Vater eines Sohnes - und geistiger Vater eines Gastronomiekonzeptes, das es in Hannover so zuvor noch nicht gegeben hat. Und das keinen größeren Gegensatz darstellen könnte zu den zuvor gepflegten Landhausfreuden.

Weinbergpfirsiche - eine Trouvaille
des Vielreisenden Trüffelschweins
Wir sind „Am Küchengarten“: das klingt zwar zunächst auch sehr romantisch und markiert tatsächlich den Ort, wo einst Obstkulturen und Treibhäuser standen zur Versorgung des königlichen Haushalts, aber wir sind im hier und jetzt im tiefsten Linden, hart aber herzlich. Das Häuschen, das Christoph Elbert und seine Frau Verena Schindler hier vorfanden, um es zu ihrem Restaurant 11 A umzubauen, war denn auch kein übrig gebliebener Lustpavillon sondern ein Trafoumspannwerk. Aber was heißt schon „umbauen“?  Es stehen jetzt halt Tische und Stühle drin - designed by Sperrmüll. Und irgendwie hat man es geschafft in die verwinkelten Örtlichkeiten eine Küche hineinzuzwängen. Wer Wolfgang Petersens Film „Das Boot“ gesehen hat... - aber lassen wir das. Der Chef möchte, daß wir uns auf das Wesentliche konzentrieren. „Ich lasse hier die Hose runter“, kommt Elbert zum Punkt, „hier dreht es sich ausschließlich ums Essen und meine Weine.“ Bahar, die unwiderstehliche Servicekraft, trägt “Tête de veau“ auf - der Kalbskopf kommt mit Zunge, Bries und Hirn und liegt auf einer Scheibe Foie Gras. Ein Gedicht! So hat der junge Christoph ihn schon 1980 in Paris gekocht, damals im La Barrière de la Clichy. „Wir behandeln Hannover wie eine europäische Metropole“, sagt Elbert, dem der allzu zurückhaltende Auftritt schon wegen seiner Körpermasse gar nicht stehen würde, „das ist unser Geschenk an die Stadt!“

Was richtet Herr Elbert da wieder an?
Im Sommer sah man ihn auf Sylt im Sansibar, aber nicht etwa privat vorne im Gastraum, nein, als Hospitant in der Küche. „Ich wollte sehen, wie die Brigade dort unter Volllast arbeitet“, verrät der Nimmermüde, „denn wenn wir im Sommer am Tag 500 Gäste haben, sitzen wir auch manchmal ganz schön in der Scheiße.“ Dennoch: noch immer nicht jeder Feinschmecker findet seinen Weg in „die Elf“. Allein daß man nicht reservieren kann, schreckt ab. „Dabei bekommt bei uns jeder garantiert einen Tisch, man wartet zur Not ein Weilchen in unserer Bar Ihmerauschen.“ Dorthin wird auch gebeten, wer mit dem Essen fertig ist. „Manche Gäste sagen dann, sie wollten noch ein bisschen sitzen bleibe und ‚klönen‘“, wundert sich Elbert, „aber hier wird nicht geklönt.“

...Kalbskopf mit Zunge, Bries und Hirn und Foie Gras
Dieser Beitrag erschien zuerst in Hannover Geht Aus (Winter 2011/2012). Jetzt am Kiosk.

05.09.2011

Torna alla Felicità - the must have

Glücksarmbänder sind zurück!
Restaurants und ihre Merchandising-Artikel.... Der Sansibar-Sylt-Aufkleber zum Beispiel ist das Arschgeweih des Porsche-Cayenne-Fahrers. Fans von Alfons Schuhbeck hingegen fahren nur noch mit der Eisenbahn, seit der Bayer im "Bordrestaurant" aufkocht. So paßt halt auf jeden Topf ein Deckel.

Die Freunde vom zurück zum glück, dies gleichsam hippes Tagescafé im Zooviertel wie auch entspannte Geisteshaltung ebenda, verleihen ihrer Leidenschaft neuerdings Ausdruck durch das Tragen eines aparten Armbandes in den Vereins-, pardon, Restaurantfarben Grün und Weiß. Die mit "ZZG", "BIO", "EAT" oder "DRINK" gekennzeichneten Bänder sind aus Holzperlen, isolieren also somit vor Wärme im Sommer und vor Kälte im Winter - wenn die Tage auf der zzg Terrasse etwas kürzer werden. Im übrigen paßt Holz als nachwachsender Rohstoff natürlich wie die Faust auf's Auge in diese heile Bio-Welt. Daß das modische Accessoire in Kinderarbeit in Asien entstanden ist, kann indes nur bezüglich der Provenienz verneint werden. 11 Euro im besagten Lokal.

18.08.2011

Hühnersalatsandwich auf Toast



I'd like an omelet, plain, and a chicken salad sandwich on wheat toast, no mayonnaise, no butter, no lettuce. And a cup of coffee...

15.08.2011

Die Parks und Gärten des Adels

Ein fleißiges Lieschen: die fesche Julia
Kaum zeigt sich die etwas zu groß geratene Glasvitrine vis-à-vis der Hochschule für Musik und Theater außen frisch gereinigt und innwändig grün-weiß gestreift, spricht man in diesem schöngeistigen Teil der Stadt Hannover nur noch von "DEM PAVILLON". 

Dabei müßte man doch zunächst mal fragen, was ist das eigentlich, ein Pavillon? Wiki erklärt dazu, es sei "ein überdachtes, rundum offenes oder zu öffnendes Bauwerk. Der Grundriss ist meistens rund oder hat die Form eines regelmäßigen Vielecks. Obwohl schon in der Antike bekannt und gebraucht, erscheint der Pavillon in der Architektur Europas vermehrt erst in der Epoche des Absolutismus in den Parks und Gärten des Adels, als Nebengebäude eines Schlosses, als Ruheplatz oder Aussichtspunkt."

Diese schöne Aussicht genießt z.Zt. noch exklusiv ein gewisser Wilfried H. Engelke, der - etwas wild plakatiert - von einer Kastanie grüßt. Ab Mittwoch um neun sollte es dann vorbei sein mit seiner Idylle, denn dann eröffnen Sonja und Julia Faber ihre "Terrasse", ein sonniger Ableger ihres zurück zum glück. Glückt Ihnen auch diesmal, wie mit ihrem schmucken Tagescafé 100 Meter entfernt (Jahrgang 2009), ein Volltreffer? Sie, lieber Leser, werden es als erster erfahren. Demnächst an dieser Stelle. Hush, hush...





14.08.2011

Food & Sex


HIP Exklusiv mit Lude Fraukowik (aus London): 

Heston Blumenthal (45), Chef in The Fat Duck, ausgezeichnet mit drei Michelin-Sternen, Autor, Fernsehkoch, Großunternehmer und einer der weltweit einflußreichsten Protagonisten der Molekularküche, verläßt nach über 20 Ehejahren seine Frau Zanna (46) für die amerikanische Kochbuchautorin ("The Pleasure Is All Mine") Suzanne Pirret (45). Ein Sprecher der Blumenthals bestätigte, daß deren Ehe vorüber ist. (mehr)

Wer ist die in Europa noch weitgehend unbekannte Pirret, die in den USA schon als "goddess" verehrt wird? Was treibt sie an? "Food and sex. Two of my favourite things, and the most powerful of all human drives," sagt die lebensbejahende Küchenmamsell, "am besten eins, nach dem anderen, egal in welcher Reihenfolge, ich bin da nicht wählerisch". HIP meint: Das ist der richtige Geist!

links: Frau Pirret



11.08.2011

Container-Ärger an der Oper



Es gibt "Container-Ärger an der Oper", schreibt in ihrer heutigen Ausgabe die Hannoversche Allgemeine Zeitung. "Ausgerechnet auf Hannovers schönstem Platz stehen seit Mittwoch Baucontainer. Nicht nur Geschäftsleute in der City empören sich darüber." Lesen Sie den ganzen Artikel hier: klick!

Quelle/Foto: HAZ / haz.de

06.08.2011

Hai-Woche


Nicht vergessen: die letzten Tage der Shark-Week auf Discovery Channel laufen. Einschalten oder hier klicken! Es lohnt sich.

02.08.2011

Urlaub in Hannover

Für alle, die diesen "Sommer" daheim in Hannover verbringen: eine kleine Reisereportage, die das Fernweh nicht gerade anheizt. Wie viel schöner is(s)t es sich da auf dem Opernplatz?! Vom 31.5.3.6....-

22.07.2011

Sein Schiff - Grubert an Bord

Dieter Grubert hat Mein Schiff zu seinem Schiff gemacht. Ein Logbuch.
Früher schmückten sich Schiffe mit prächtigen, holzgeschnitzten Galionsfiguren am Bug. Moderne Kreuzfahrtschiffe knüpfen mit ihren Kussmundbemalungen mitunter an diese Tradition an. Andere haben ihre Galionsfiguren heute ganz tief unter Deck - in der Kombüse. So ist es jedenfalls auf dem TUI-Kreuzer Mein Schiff 2. "Mit wechselnden Spitzenköchen schaffen wir in unserem Gourmet-Restaurant 'Richards - Feines Essen' eine Attraktion", sagt Richard Vogel, CEO von TUI Cruises. "Im August und September 2011 haben unsere Gäste die Möglichkeit, im Richards die exklusiv für TUI Cruises kreierten Menüs vom mit 17 Punkten im Gault Millau ausgezeichneten Dieter Grubert zu genießen", wirbt TUI für ihren neuen Star, den Patron des Restaurants Titus in Hannover (siehe unseren Beitrag vom 15.10.2010). Am 14. Juli ging Dieter Grubert zum Einkochen an Bord der Mein Schiff 2. Gestern hat er - zunächst - wieder ausgeschifft. Für Hannover is(s)t phantastisch berichtet er hier von seinen Erlebnissen.
Im Februar diesen Jahres rief die TUI bei mir an und fragte, ob ich Lust hätte, als Gastkoch auf dem neuen Mein Schiff 2 tätig zu sein. Dachte zuerst: da ist doch bestimmt ein Haken dran, war aber nicht. Und so habe ich dann sehr schnell zugesagt. Auf dem Schiff gibt es unter anderem das Gourmet-Restaurant Richards - Feine Speisen. Dort präsentiert immer für zwei Monate ein Spitzenkoch seine Menüs, die auch ausschließlich dort angeboten werden. Meine Menüs gibt es im August und September. Es sind drei 6-Gang-Menüs mit vegetarischen Ableitungen. Und alle drei Tage wechselt das Menü. Das Restaurant hat ca. 65 Plätze, ist nur Abends geöffnet und die Küchencrew besteht aus sechs Mann.
Mein Schiff 2
Die Ausarbeitung der Menüs war gar nicht so einfach, denn es gibt eben Einschränkungen, die so ein Schiff mitbringt. So muß alles vor Reisebeginn besorgt werden, zwischendurch kann man nicht mal eben kurz zum Einkaufen an Land... Aber nachdem das dann abgeklärt war, ging's los. Rezepte schreiben etc.. Um die Küchencrew einzuweisen, bin ich dann am 14. Juli an Bord gegangen. Ich wurde super empfangen, besser hätte man es nicht machen können, ich habe mich sauwohl gefühlt. Jeden Tag haben wir ein anderes Menü gekocht, es wurden Fotos gemacht und auch teilweise die Rezepte umgeschrieben.

Men at work
So ein Schiff bringt manche Besonderheiten mit sich, so liegt es, wenn es angedockt hat, etwas schief. Und wenn man dann Soufflées machen will, gehen diese auch schief hoch. Aber am Ende hat doch alles geklappt. Ab 14. August werde ich dann nochmals an Bord sein zur Kontrolle und um eventuell etwas nachzuarbeiten. Aber ich bin guter Dinge, die Crew ist sehr motiviert und ich denke, sie setzen alles so um wie geübt.

Sachertorte von der Gänsestopfleber
Ansonsten war es eine sehr entspannte Reise. Die 2000 Passagiere sowie 800 Mann Besatzung hat man kaum gemerkt. Es verlief sich. Ich habe trotz des Kochens viel gesehen: Helsinki, Sankt Petersburg, Tallin - alles eine Erfahrung wert. Aber allein mal hinter die Kulissen schauen zu können, war's schon wert. Die Dimensionen auf so einem Schiff sind gewaltig. Riesige Kühlhäuser mit Waren ohne Ende. Was ich sehr beeindruckend fand: es wird alles an Bord zubereitet. Vom Frühstücksbrötchen über Kuchen, Brot... alles wird frisch hergestellt. Es gibt lebende Hummer, lebende Flußkrebse - beeindruckend. Ob Wagyu-Beef, Kurabuta-Schwein, Steinbutt - es gibt fast nichts, was es nicht gibt. Es müssen wohl an die 150 Köche tätig sein. Ich freue mich sehr auf die Reise im August. Und würde es immer wieder tun.
Dieter Grubert

Im Schiffsbauch
Das Gourmetrestaurant "Richards - Feines Essen"
Auf dem Markt in Helsinki: gewaltige Fleischberge
Finnlands Kapitale
"Birne, Bohnen und Speck" mit Jacobsmuschel
Flußkrebse und Auster mit Zuckerschote,
Melone und Estragon
Die Schären vor Stockholm
Die Schären vor Stockholm
Steinbutt mit grünem Spargel, Gemüsegraupen,
Blutwurstsauce und Chili-Apfel
Es scheint zu schmecken

23.06.2011

Gestrandet auf dem Opernplatz: das Narrenschiff

Auf dem Opernplatz ist das Ship O’ Fools gestrandet. Die Narren haben das Schiff verlassen, doch unter Deck spuken ihre Geister weiter durch ein geheimnisvolles Sammelsurium von Strandgut und kleinen Schätzen. 

Nach HIP kommt das Festival THEATERFORMEN und bespielt den Opernplatz. Hier geht's zum Programm des Festivals (klick!).

17.06.2011

Ausweitung der Kampfzone


Jaime Guzmán ist wieder in aller Munde (siehe Post v. 15.06.11): Wir aßen für Sie im Chimú und zwar ausschließlich von der immer noch etwas im Verborgenen blühenden kleinen Karte mit Tapas (der Artikel erschien zuerst in unserer Kolumne "Was gibt's Neues, Chef" im Periodikum Hannover Geht Aus).

Das nennt man eine Ausweitung der kulinarischen Kampfzone: Die Lufthoheit über ganz Latein­amerikas Spezialitäten — ob auf demTeller oder im Glas —hat Jaime Guz­mán schon lange übernommen. Vom peruanischen „Cevice" über „Pastel de choclo", der indianischen Maispastete, bis hin zum kubani­schen „Mojito". All' das und mehr beherrscht man im Chimú virtuos.

Jetzt wendet sich der Chilene ver­stärkt einer europäischen Küchen­diziplin zu, man spricht aber wei­terhin spanisch: „Tapas!" Tapas sind kleine Appetithäppchen, die in Spanien in Bars und Bodegas auf dem Tresen angeboten werden. Im Chimu heißen sie „Guatitas" (Kutteln), „Montaditos" (kleine Schweinefilets), „Cochayuyo" (Meeresalgen) oder ,Jamon Serra­no". Den schneidet der Wirt per­sönlich mit seiner feuerroten Ber­kel-Maschine hinter der Bar auf. „In meiner Lieblingsbar in Galicien werden pro Abend zwei Schinken verbraucht, der 'Cortador', der Mann an der 'Jamonera', leistet Schwerstarbeit", schwärmt er, „aber hierzulande..."

Nun, vielleicht liegt es daran, daß man außer dem „Ja­mon" im Chimu auf dem Tresen gar keine Tapas zu sehen bekommt, die einem den Mund wässrig ma­chen könnten. „Dann bräuchte ich Panzerglas zur Abdeckung, und das Gesundheitsamt wäre Dauergast", winkt Jaime ab. So wählt der Gast aus einer kleinen Speisekarte, in der die Tellerchen aufgelistet und be­schrieben sind. Und träumt sich in eine bessere Welt... irgendwo an spanischen Theken.





Chimú, Lange Laube 32, TeL180 80

16.06.2011

Indianische Maispastete


Als wir zuletzt mit unserem Freund Jaime Guzmán telefonierten, klagte er über einen schmerzhaften Bänderriss. Er war über ein im Wege liegendes Brett gestürzt. In einer Bretterbude, die er gerade im Befriff war, zu einer Art Chimú 2 umzugestalten. Sein kreatives Händchen für interior design kennt man ja - von diesem Cocktail aus den Ingredienzien Che Guevara und Hans Moser mit einem Spritzer Marquis de Sade... Das Refugium ganz nah seines hannoverschen Privathaus' ( Frau, Tochter und Sohn können im Gasthaus ggf. aushelfen) ist nun fertig. Name: El Chileno.

Vieles ähnelt dem "Stammhaus" in der Otto-Brenner-Straße, Ecke Lange Laube: So empfing er seinen Stammgast Thomas Lasser mit den Worten, "was willst Du denn hier?". Vertraute Töne also am Rande von Bothfeld. Ob auch die Küche hält, was das Chimú stets verspricht, klärte jetzt die Neue Presse auf: hier geht's zum Artikel.

29.05.2011

Hannover: 20 Jahre HIP

1991 - 2011: 20 Jahre HIP - Hannover is(s)t phantastisch. Somit ist HIP eines der ältesten, größten Gourmetfestivals Deutschlands - und gewiß das schönste! Denn eine Location, wie die in Hannover, auf dem Vorplatz von Laves' klassizischtem Opernhaus, gibt es für Veranstaltungen wie diese hierzulande kein zweites Mal.

Es ist der Weitsicht und der Vorsicht der Stadt Hannover zu verdanken, daß ein Event auf dem Opernplatz bis heute etwas Besonderes, etwas Hervorgehobenes geblieben ist.

Und so trifft es sich, daß zum 20-jährigen Jubiläum endlich wieder ein Guide-Michelin-Stern über dem HIP-Fest vor der Oper erstrahlt: Ernst August Gehrke, einziger Sterne-Koch der Region ("La Forge" im Schmiedegasthaus Gehrke in Riepen bei Bad Nenndorf) ist nach langer Zeit wieder da. Ekkehard Reimann, der sein "Clichy" im traditionell größten Zelt vor der Oper präsentiert, komplettiert das Feld der "Haute Cuisine". Reimann war vor 20 Jahren bereits mit dabei. Er ist geblieben. An viele anderen seiner Kollegen, die damals selbst einem Feinschmeckertempel vorstanden, erinnert auf dem Opernplatz nur noch der Wind.

Heute mag der Gast es locker, heiter, gesünder. Das Bio-Restaurant "zurück zum glück" debütierte auf der hannöverschen Bühne HIP vor einem Jahr und gilt heute bereits als VIP-Treffpunkt. Ebenfalls biozertifiziert ist die Hamburger-Grillstation "Flow Food", doch deren Eigner William Strauss geht noch weiter. Das EU-Biosiegel genügt ihm nicht, er setzt auf Demeterqualität bei seinen "Belgischen Pommes Frites" zum Wagyu-Burger.

Das "Milano" (neuerdings: Al vecchia Milano) ist einer der ältesten "Italiener" der Stadt. Aus jahrzehntelanger Agonie wurde es wachgeküßt von Mario Hassa, der auch auf Party und Szene setzt. Neuestes Projekt des Gastro-Tausendsassas: "Golden Mile", eine skurileTagesbar auf der Meile, der Lister. "Degustatione Rossini" brachte den Hannoveranern einst bei, daß Nudeln nicht nur aus der Tüte kommen, sondern sogar al mano gefertigt werden können. Bei HIP gehen die Manufakteure eine Allianz ein mit den Partypeople und Cocktailspezialisten von "Bacardi Island".

Passend zu hoffentlich sommerlichen Temperaturen serviert das "Tremendo" Karibisches. Und 20 Jahre HIP heißt auch: elf Jahre Expo 2000. Der originale legendäre Falafel-Roller aus dem Jemen-Pavillion gibt sich die Ehre. "Einmal gegessen, nie mehr vergessen", erklang damals der Schlachtruf der sympathischen Nordafrikaner. Der Gaumen vergißt nicht...




HIP: 1.-5. Juni auf dem Opernplatz. Kulinarisches Motto diesmal: "Lummerland". 20 Restaurants präsentieren die ganze Welt der hannoverschen Gourmandise. Mittwoch ab 18, sonst täglich ab 12 Uhr.

Gastronomen, die kurzfristig noch mit dabei sein wollen, melden sich beim Veranstalter: http://www.facebook.com/hannoverisstphantastisch-

23.05.2011

Reif für Die Insel


Norbert Schu, der jugendlich wirkende Altmeister und Alleskönner der hannöverschen Gourmandise, bittet uns zum Tischgespräch. Zu Spaghetti mit Kalbs-Bolognese und Sommer-Trüffeln. Wir sind ganz Ohr...

Kalbs-Bolognese mit Sommertrüffeln
“Schu, Du Arschloch!” Der Tag, an dem Norbert Schu lernen soll, was den Unterschied ausmacht zwischen guter und hervorragender Gastronomie, endet mit einer klaren Ansage. Und er entgegnet pflichtschuldig: “Oui, Monsieur le chef!” Damals dient Schu im Rang eines “Demi-Chef Garde Manger” in der legendärsten Brigade Deutschlands - im Münchner Restaurant Aubergine von Eckart Witzigmann. Ihm obliegt die Herstellung der Amuses Geueles. Für “quattre couverts” hat der Meister abgerufen. Vier Wachtelspiegeleier (wir scheiben die Achtziger!) richtet Schu an. Aber: “für vier Gäste macht man sechs Wachteleier, für den Fall, daß mal eines kaputt geht!”, belehrt ihn Witzigmann scharf. Noch heute gerät Schu ins Schwärmen: “Das war die Suche nach absoluter Perfektion, großartig!.” Witzigmanns Streben wird später belohnt mit dem Titel “Koch des Jahrunderts” vom französischen (sic!) Freßführer Gault Millau; und bestraft mit einer vorübergehenden Kokainabhängigkeit.

Einmal zum Küchenchef geworden im “Schu’s Restaurant” im hannoverschen Hotel Schweizerhof zählt der talentierte Winzersohn von der Mosel bald selbst zur ausgezeichneten Elite der deutschen Spitzenköche. Michelin-Stern, Gault Millau-Kochmützen, Feinschmecker-Fs. Er hat es alles. Und ist dennoch irgendwann reif für “Die Insel”. 1994 übernimmt er das spektakulärste, wenn auch zu diesem Zeitpunkt leicht abgewirtschaftete Gastronomieobjekt der Stadt: die geschichtsträchtigen Restaurantbetriebe im Maschseebad. Den “Stern” gibt er zurück. Fortan soll keine Schwellenangst mehr potentielle Gäste vom Besuch abhalten.

Die Lage hoch über dem idyllischen Südufer ist ein Traum
In der Tat sieht das Gasthaus, weitgehend unverändert seit Eröffnung des Maschsees am Himmelfahrtstag 1936, von außen nicht nach “Gourmettempel” aus. Und so “kommt hin und wieder sogar einer der vielen Jogger herein, im Jogginganzug, und will pinkeln”, verkündet der Hausherr stolz, “natürlich lassen wir ihn.” Hätten sie Augen für die Batterien ausgesoffener, höchst rarer Bordeaux-Flaschen über der Bar, würde den Dauerläufern die Leichtfüßigkeit beim Austreten womöglich schwinden. Denn offensichtlich befinden sie sich - Stern hin, Stern her - in Hannovers luxuriösestem Feinschmeckertreff. 1850 Positionen umfaßt die Weinkarte, sie ist europaweit schon längst Legende. Schu weiß: er kann immer aus dem Vollen schöpfen, seine Gäste werden es honorieren. “2010 war das beste Jahr unseres Bestehens!”

Man befindet sich in Hannovers luxuriösestem Feinschmeckertreff
Nur vom Feinsten - das gilt im Restaurant “Die Insel” nicht nur für Trank’, sondern auch für Speis’. Vor die Wahl gestellt, vakuumierte Neuseelandware oder aber das glückliche Salzwiesenlamm vom ostfriesischen Deich zu kaufen, entscheiden sich Schu und sein Küchenchef (und Teilhaber) Benjamin Meusel für die kostspieligere Variante. Geschlachtet wird die übrigens auf dem hannoverschen Schlachthof von einem gewissen Siegfried Meyer, genannt Lämmer-Meyer. “Der arbeitet seit seinem 14. Lebensjahr, hat mittlerweile Gicht in allen Knochen und kann im Ton auch schon mal etwas rauer sein”, schwärmt Schu, der ein Faible für knorrige Orginale hat, sofern sie ihn mit bester Ware versorgen. “Der Herr Müller von Käse-Schaub ist einer der letzten Affineure, da kann ich nicht verstehen, daß manche ihren Käse im Kaufhaus holen”, schüttelt Schu den Kopf; er kauft ausschließlich beim Nachbarn auf der Hildesheimer Straße.

Und noch ein Tip für einen Lokaltermin: “Der größte Wildvermarkter Deutschlands sitzt in Springe, der hat neulich in einer Nacht eine Strecke von 250 Rehen gemacht!”. Das ein oder andere davon landete in der Küche von Benjamin Meusel. “Top-Produkte werden heute, wie Spitzenweine, zugeteilt”, verrät uns Meusel, “wir kaufen viel und regelmäßig und bekommen deshalb auch immer das, was wir wollen.” Und warum ein mit der Leine gefangener 15-Kilo-Steinbutt von der französischen Küste etwas mehr kostet als Zuchtware aus dem Becken, das erklärt man dem Gast gerne in Ruhe, falls er es nicht ohnehin schon weiß - oder beim ersten Bissen bereits verstanden hat. Lecker!

Die Insel ist ein Plätzchen, um es sich gut gehen zu lassen. Die Lage hoch über dem idyllischen Südufer, die kreuzfahrtschiffartige Architektur des Speisesaals und der Terrasse sind im Sommer ein Traum - all das wird demnächst sogar noch einmal optimiert, verschönert, erweitert. Wir sind die ersten Pressevertreter, die die Pläne bestaunen dürfen. Und sind beeIndruckt.  “Heute verstehen die meisten unter Gastronomie: ein Wohnzimmer mit vier Tischen und zwei Menüs”, sagt Norbert Schu, “meine Auffassung ist das nicht.” Welcher Genießer würde ihm da nicht zustimmen: Oui, Monsieur le chef.

Benjamin Meusel & Norbert Schu
Dieser Artikel erschien zuerst in leicht verkürzter Version in unserer Kolume "Spitzenküche im Gastroführer "Hannover Geht Aus" - ab Mai 2011 am Kiosk.

19.05.2011

So schmeckt der Sommer

Wenn es heiß wird, mögen Hannovers Köche es leicht, phantasievoll und sexy. Ein Flirt mit jahreszeitlichen Kräutern, mediterranen Aromen und gewagten Kompositionen.

Herr Tuffentsammer sammelt Kräuter
Wenn Genießer sich Geheimtipps zuraunen, fällt in letzter Zeit immer öfter der Name eines Restaurants in Großburgwedel. Dort, in der einzigen denkmalgeschützten Straße (!) hierzulande, kocht Andreas Tuffentsammer in der Ole Deele derart konsequent nur mit Produkten aus seiner Nachbarschaft, daß sein Credo “genial regional” nicht übertrieben klingt. Seine ganze Philosophie drückt sich aus im “Frühlingsbeet”: “Ich möchte die prächtige Gemüsevielfalt der Region in einer Momentaufnahme festhalten und den Gast Frühling schmecken lassen!”

Frühlingsbeet
Junger Spinat und Mangold, Blüten, Vogelmiere, Blutampfer, grüner und weißer Spargel, Radieschen und Mairübchen. “Unverfälscht, weil es besser nicht geht,” schwärmt Tuffentsammer. Dazu Tomatensorbet als Frischequelle, Salatemulsion als Bindeglied und Morcheln als erdiger Schlusskontrast. So machen auch vegetarische Gerichte Spaß. “Im Sommer erwartet unsere Gäste die ganze Vielfalt der Produkte aus dem hannoverschen Umland”, lädt der junge Patron ein, “wer braucht da noch Hummer und Trüffel?” Man wird wohl noch von ihm hören.

Diva
Als Koch im Parkdeck-Beachclub “Schöne Aussichten 360grad” ist Oliver Ahlborn der Sonne näher als die allermeisten seiner Kollegen und bringt somit quasi von Haus aus Sommerkompetenz mit. Die Beachclubber verwöhnt seine Mannschaft mit Currywurst und der berühmten hausgemachten Soße, seltener verliert sich auch mal ein Schwertfisch auf das Parkhaus. In seinem Stammhaus, der Diva, nehmen die Gäste Platz auf dem einladenden Trottoir der Königstraße und delektieren sich an Ahlborns Küche, der im Laufe der Jahre (Diva wird im Juli fünf!) hier den Ruf erworben hat, frei von falscher Bescheidenheit zu würzen und mit den Aromen zu spielen. Oder man hält sich an die besten Steaks der Stadt, so sieht es zumindest der Berliner Ben Becker (“und die Crème brûlée ist so gut wie im Borchardt”), die je nach Marktlage auch schon mal von einer Charolais-Zucht aus dem Deister kommen und vom Chef im New-Orleans-Style mit Mardi-Gras-Sauce und BLT-Salat serviert werden. Ein anderes Lieblingsprodukt Ahlborns ist die Jakobsmuschel, bevorzugt aus amerikanischem Wildfang (“weit weg von Fukushima”): Blattsalate mit Jakobsmuscheln und gebratenem Spargel mit Honig-Senf-Minz-Soße. Summer in the city.

Jakobsmuscheln à la Ahlborn
Der Süden leuchtet. In diesem Fall ist es der Süden Hannovers. Denn auf einer Gourmet-Safari auf der mitunter drögen Pirsch zwischen der Landeshauptstadt und der Bishofsstadt Hildesheim gibt es ein besonderes Exemplar zu entdecken: das zauberhafte Landhaus Artischocke. "Gemütlich ist das liebenswert dekorierte Restaurant", lobt sogar der Guide Michelin. Im Landhaus hat man den Chef zum Eigner gemacht: seit zwei Jahren ist der vormalige Küchenchef Burkard Stein auch Inhaber des charmanten Refugiums, kocht seitdem umso unbeschwerter auf, vermischt gekonnt mediterrane Zutaten mit asiatischen Aromen - und zieht so sein Stammpublikum, die dankbaren Einwohner Hemmigens und Arnums, in seinen kulinarischen Bann. Für unsere Sommersinfonie komponiert Stein ein “Milles feuilles vom Kalb und Thunfisch”. Das ist interessant...
Im Lanhaus-Look

Ole Deele
Heinrich-Wöhlerstr.14
30938 Burgwedel
Tel. : 05139/99830

Diva
Königstraße 24
30175 Hannover
Tel.: 336 2006

Landhaus Artischocke
Dorfstraße 30
30966 Hemmingen
Tel.: 94264630 

Dieser Artikel erschien zuerst in leicht verkürzter Version im Gastroführer "Hannover Geht Aus" - ab Mai 2011 am Kiosk.

Brot und Spiele

Ist Jochen Gaues der beste Bäcker Deutschlands? Die Frankfurter Allgemeine, die Zeitung für kluge Köpfe, sagt ja und empfiehlt sein Brot als einzigartig. Das Ordnungsamt Hannover hingegen meint, er sei ein kleiner Schmutzfink. Ja, was denn nun? Ein Mittagessen.

Brot und Spiele:
Noch bestimmt der Imperator, was gutes Brot ist
Zuletzt mußte der Paradiesvogel der bundesdeutschen Bäckergilde ein paar Federn lassen. Und auch zu unserem Lunch im Ristorante Roma fährt er in seinem roten Ferrari leicht gerupft vor, oder sollten wir sagen: gezupft. Das liegt aber diesmal nicht an den hannöverschen Aufsichtsbehörden, die ihn unlängst noch "auf dem Kieker hatten", sondern an seinem neuen Look: der blondierte Schopf endlich wieder etwas länger, ordentlich gestylt. Jede Strähne steht. Gut schaut er aus. Ein paar Pfunde hat er verloren. Und obendrein seine Kontaktlinsen. "Deshalb muß ich diese Brille tragen, damit sehe ich aus wie ein Wissenschaftler..." Er sieht nicht nur so aus, er spricht auch so: wenn er anfängt, über das Bäckerhandwerk zu dozieren, hat man schnell Mühe, mit zu kommen. Liegt es an seinem stupenden Fachwissen? An seiner bedingungslosen Leidenschaft für die gute Backware („Deutschland ist in der Welt für drei Dinge bekannt: Nazis, Wurst, Brot“)? Oder am Tempo und Stakkato seiner Ausführungen und Anekdötchen? Dieser Mann ist – wie sein Brot - ein Naturereignis. Obwohl er hier im Roma schon noch ein bißchen erschöpft wirkt. Drum bringt Lino ihm erstmal ein Carpaccio vom Rinderfilet, pur und einfach, so wie er's mag. Guten Appetit, Herr Gaues, und nun erzählen Sie mal!

Carpaccio im Ristorante Roma
Eine turbulente Zeit hat er hinter sich, für ihn und seine Frau (und Chefin!) Betty ging es auf und ab. Letztes Jahr hat er auf Zureden seiner prominenten Gastro-Kunden wie Cornelia Poletto, Eugen Block, Rainer Sass oder Tim Mälzer („Hamburg will dein Brot!“) in der Hansestadt eine Filiale eröffnet. Und was für eine! Allerbeste Lage in HH-Eppendorf, schick, groß, sofort ein fulminanter Erfolg. Die wichtigste Essen&Trinken-Kolumne der Republik, Jürgen Dollases „Geschmachssachen“ in der samstäglichen F.A.Z., huldigt dem Bäcker-Genie: „Einer der gegenhält gegen die Geschmacksdefizite“. Einladungen zu Talkshows folgen, Reportagen in Wissens- und Wirtschaftssendungen. Dann eine mehrteilige TV-Doku-Soap im „Dritten“, die Gaues auf Schritt und Tritt folgt: zum Sommerfest des Bundespräsidenten, wo Christian Wulff ihn und seine Betty zur Privataudienz empfängt, auf Johann Lafers Stromburg, wo er 800 Ciabatta-Brötchen ausliefert, in seine 40 Jahre alte Backstube in Ledeburg... Just dorthin zieht es aber auch immer häufiger Lebensmittelkontrolleure der Stadt. Man beanstandet die hygienischen Verhältnisse. Es ist Gaues selbst, der den schwellenden Konflikt öffentlich macht, aber plötzlich die Geister, die er rief, nicht mehr los wird. Ein Sturm der Entrüstung rauscht durch den Blätterwald. Nicht nur in Hannover, in ganz Deutschland: Schimpf und Häme. Einen, der so hoch flog, sieht man gerne auch mal fallen. Und dann das Gerichtsurteil: wegen drei unappetitlicher Hygienemängel wird Betty Gaues, die Inhaberin der Bäckerei, zu einer Geldstrafe in Höhe von 14.000 Euro verurteilt. Eine Genugtuung immerhin bleibt den Gaues: das Gericht stellt nämlich gleichzeitig fest, daß die Kontrolle der Lebensmittel selbst keine Beanstandungen ergeben hat. Gaues' Brot ist nicht nur rein, sondern auch sauber!

Mit dem F430 ins Roma
Kunden hat er verloren durch die Affäre - am Ladentresen wie auch im Kreise seiner berühmten und besternten Großkunden. Dabei lieben die Spitzenköche doch Jochen Gaues’ mächtige Brote mit der dunklen Kruste so, aber einige fürchten nun ihrerseits um einen Imageverlust. Doch das bleiben Ausnahmen, denn gute Freunde kann niemand trennen. Christian Lohse, Zwei-Sterne-Chef im Fischers Fritz, setzt zwei Gäste, die sich beschwert haben, Gaues' Brot serviert zu bekommen, kurzerhand an die kühle Berliner Abendluft. Die kesse Poletto sagt: „Es ist doch bekannt, daß Jochen eine Sau ist, aber es gibt keine Alternative.“ Und Kochshow-Nervensäge Sass verspricht seinen Zuschauern: „Wenn Sie morgen ein Frühstücksbrötchen essen und es ist nicht von Jochen Gaues, dann ist es kein Brötchen.“

Filiale in der Vorstadt: voll durchgestylt
Nach einem weiteren Filet, diesmal gebraten und in Gorgonzola-Soße, ist der Bäckermeister gestärkt und bläst zum Aufbruch. Die Geduld, die man in seinem Handwerk eigentlich braucht, ist ihm im Straßenverkehr leider nicht zu eigen. Eine Mangelerscheinung, die besonders in Verbindung mit einem 500 PS starken V8-Motor und hohem Verkehrsaufkommen am Aegi und auf der Hildesheimer Straße eine nachgerade explosive Mischung darstellt. Schließlich erreichen wir wohl behalten aber etwas zittrig das malerische Kirchrode. Die begüterten Vorstädter beglückt Gaues seit April mit einer wunderschönen Bäckerei; es ist hier eine von acht, die man im Ortskern zu Fuß innerhalb von 5 Minuten erreichen kann. Mutig und selbstbewußt ist er also geblieben. Es geht voran. Die nächste Filiale eröffnet er am Kröpcke.

So kommt das "Ferrari" in "Ferrari-Bäcker"
Jochen Gaues hat sein ganz pragmatische Lehre aus der Affäre gezogen. Die alte Backstube wird dicht gemacht, eine neue, nach seinen Vorgaben gezeichnete, entsteht gerade auf dem Tönniesberg. Wo genau, wollen wir wissen. „Neben'm Puff.“

Dieser Artikel erschien zuerst in leicht verkürzter Version im Gastroführer "Hannover Geht Aus" - ab Mai 2011 am Kiosk.

18.05.2011

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You've heard it first! Viele fühlten sich berufen, doch nur zwei wurden auserwählt: Sonja und Julia Faber (Foto) übernehmen den Weinpavillon am Emmichplatz...

Foto: Google Maps
"Weil da morgens Sonne ist", wie Fräulein Faber, die jüngere verrät. Genau das geht den Sonnenanbeterinnen nämlich in ihrem Stammhaus vis-à-vis, dem vollbiologischen Stadtteil-In-Treff "zurück zum glück", ab.

Der Pavillon, der schon traditionell keinen Namen trägt, sondern lediglich die Markissenaufschrift eines Sektlieferanten aus besseren Zeiten, bleibt auch unter neuer Inhaberschaft namenlos, bekommt die schlichte Bezeichnung: zurück zum glück TERRASSE. Ab 1. August darf man auf dieser das biologisch-regionale Feel-Good-Food des SJFaber-Konzerns genießen.